zur Erinnerung
Palast der Republik

Zur Geschichte

September bis Dezember1950
Die Schloßruine im Ostteil der Stadt wird gesprengt und vollständig abgetragen.Plastische Fassadenteile werden vorher geborgen: Figuren für das Zeughaus, Balkonteilefür das Staatsratsgebäude, Reiterstatue 1951-1987 im Volkspark Friedrichshain, seit 1987im Nikolaiviertel aufgestellt, Bronzelöwen im Tierpark, der Neptunbrunnen im Park amFernsehturm aufgestellt.

20. April 1961
Berliner Stadtverordnetenversammlung beschließt städtbauliche Planungsgrundlage für Spreeinsel

Dezember 1972
Grundsatzstudie für "Mehrzweckgebäude" am Marx-Engels-Platz wird ausgearbeitet

27. März 1973
Beschluß des Politbüros des ZK der SED über den Wohnungsbau der Hauptstadt bis 1980

11. April 1973
Beschluß des Ministerrates der DDR zum Bau des Palastes der Republik

Juni / Juli 1973
Erste Leitungsumverlegungen auf dem Marx-Engels-Platz

ab August 1973
Beginn der Tiefbauarbeiten unmittelbar nach den X.Weltfestspielen der Jugend und Studenten. Mehr als 600 Tiefbauarbeiter und 200 NVA-Soldaten heben eine 180 m lange, 100m breite und 12m tiefe Baugrube aus

2. November 1973
Grundsteinlegung

26. November 1973 bis 15. März 1974
Gleitbeginn am Kern 1 und Errichtung der Gleitkerne 1-8

5. März bis 15. November 1974
Montage der Stahlbautragskonstruktion

10. Mai bis 25. November 1974
Decken- und Dachplattenmontage

Mai 1974
Beginn der Korrosions- und Brandschutzarbeiten (Spritzasbest)

29. Juni bis 23. Dezember 1974
Montage der Fassaden

1. Juli bis Dezember 1974
Erste Dachdichtung

18. November 1974
Richtfest

12. März 1975
Beginn der Erarbeitung des Organisationsprojektes mit nutzungsgerechter Dokumentation

30. Juni 1975
Abschluß der Ausbauprojektierung

31. Dezember 1975
Abschluß der Bau- und Ausrüstungsarbeiten

23. April 1976
Mit einem Fest der Erbauer - Bauleute, Monteure, Ingenieure und Architekten - sowie ihrer Ehepartner wird der Palast eröffnet.

25. April 1976
Der Palast der Republik ist ab nun der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich. Auch die Galerie des Palastes kann fortan besichtigt werden.

25. Oktober 1983
Udo Lindenberg tritt in der DDR auf. Der Anlaß ist die Veranstaltung "Rock für denFrieden" im Palast der Republik. Nach seinem Auftritt wird ihm eine Tournee durch die DDR für den folgenden Sommer versprochen, die aber nie stattgefunden hat.


19. September 1990
Die Volkskammer der DDR schließt den Palast der Republik wegen Asbestbelastung. Die Rechtsnachfolge geht an den Bund über.

1993
Innerhalb einer Debatte um den Abriß des Palastes der Republik und eines Wiederaufbausdes Berliner Stadtschlosses wird für einige Monate das Schloß als Attrappe vor dem Palast der Republik aufgebaut.

Dezember 1995
Die Bilder der Galerie werden abgenommen und gehen als Dauerleihgabe in den Bestand des DHM über.

11. Februar bis 19. März 1996
Die 16 Bilder werden im Südflügel des DHM ausgestellt.

21. November 1997
PDS-Politiker Gregor Gysi und Frederik Over entrollen vom Dach des Palastes der Republikein Transparent mit der Aufschrift "Stoppt den Palast Abriß", um gegen die begonnenen Abrißarbeiten und für die Asbestsanierung zu protestieren.

November 1998
Beginn der Sanierung des Palastes der Republik (Spitzasbestbeseitigung). Kritiker sehen darin den ersten Schritt zum Abriß des Palastes.

Mai bis Oktober 1999
11 der 16 Bilder aus der Palast-Galerie werden im Rahmen der umstrittenen Ausstellung"Aufstieg und Fall der Moderne" in Weimar gezeigt.



Beliebt und belächelt Vor 45 Jahren wurde in Berlin der Palast der Republik eingeweiht. Obwohl der Renommierbau in der DDR einige Spottnamen weghatte, war er bei der Bevölkerung beliebt. Dass er für den Nachbau eines Stadtschlosses abgerissen wurde, bedauern viele - z.B. der Chemnitzer Architekt Wolf R. Eisentraut, der an der Planung maßgeblich mitwirkte Warum er den Palast wertvoller findet als das neue Humboldt-Forum. Architekt des Palastes der Republik: "Dem Ossi ein bisschen Freude machen"

Erschienen am 22.04.2021

Architekt Wolf R. Eisentraut über seine Arbeit am Palast der Republik, dessen Abwertung nach der Wende und das "Humboldt-Forum"

Die "Gläserne Blume" im Foyer des Palastes der Republik sollte eigentlich ein Baum sein - doch nachdem Erich Honecker in dem Kunstwerk eine Blume sah, blieb der Name kleben.
Foto: Ullstein

BERLIN/CHEMNITZ - Während bald das Humboldt-Forum in Berlin für Besucher öffnen soll, hätte der Palast der Republik, der einst an dessen Stelle stand, nun Geburtstag feiern können: Vor 45 Jahren, am 23. April 1976, wurde der Prestigebau der DDR offiziell in Betrieb genommen. Errichtet als Kultur- und Kongresszentrum, war der Palast auch Sitz der Volkskammer. Außerdem hielt die SED dort Parteitage ab. Fünf Architekten planten unter der Leitung von Heinz Graffunder das Bauwerk - unter ihnen war der in Chemnitz geborene Wolf R. Eisentraut. Danuta Schmidt hat mit ihm gesprochen.

Freie Presse: Welche Bedeutung hatte der Palast der Republik für Sie als Architekt und als Mensch?

Wolf R. Eisentraut: Beim Palast kam ich mit 29 Jahren in den harten Projektierungsalltag, und das gleich mit großer Verantwortung. Das gehört zu meiner aufregendsten Zeit! Wer hat als Architekt schon die Chance, einen Palast zu bauen, an einem so exponierten Ort? Und ich hatte nicht nur zu planen, sondern auch eine Abteilung aufzubauen, als jüngster Chef im Baukombinat. Nach meiner Mitarbeit am Gesamtentwurf war ich dann verantwortlich für Eingangshalle, Foyer und Theater, also den gesamten Mittelteil. Übrigens kamen auch Mitarbeiter aus Chemnitz dazu, insbesondere Christine Kunze sei hier mit Dank erwähnt.

Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wie erklären Sie sich das heute?

Da spielt der zeitliche Zufall eine Rolle. Ich hatte studiert und wollte im gemütlichen Sachsen bleiben. Einen Vertrag hatte ich bereits unterschrieben. Doch während des Studiums nahm ich an Architekturwettbewerben teil, und ein erfolgreicher Beitrag für Prenzlau ließ mich in den Fokus von Hermann Henselmann geraten. Er suchte junge Leute für seine neu eingerichtete Experimentalwerkstatt bei der Bauakademie, also bestellte er mich 1968. Ich blieb drei Jahre - und wurde sächsischer Berliner.

Architektur ist oft auch Spiegel der jeweiligen Macht. War Machtgebaren ein Thema?

Überhaupt nicht. Es war die große Chance, etwas Großes mitten in Berlin zu platzieren und das Ensemble des neuen Stadtzentrums zu vollenden, die Leere des Platzes mit einem öffentlichen Gebäude zu füllen. Es war ja kein Regierungssitz, wie heute suggeriert wird. Dennoch: Das Bauvorhaben begann 1973 - da spielte gewiss die damalige Anerkennungswelle für die DDR eine Rolle, da wollte man aufwarten mit einem repräsentativen Gebäude für Kongresse und Veranstaltungen mitten im Zentrum.

Der Palast hatte eine Grundfläche von 80 Metern Breite und 180 Metern Länge. Wie plant man sowas?

Innere Funktion und die Erscheinung im Stadtraum bestimmten das Konzept. Nach innen orientierten sich Säle, die der Konzentration dienten - umschlossen und verbunden mit gläsernen Foyers, die den umgebenden Stadtraum erlebbar machten. Da konnte ja nicht nur der Volkskammersaal sein, das musste mit Leben gefüllt werden für das Vergnügen des Volkes. Dies in einem Raumprogramm umzusetzen war die große Herausforderung: Gaststätten und ein großes Foyer mussten sein. Wenn da 5000 Leute kamen, musste es eine Pausenversorgung geben, eine Hallenbar, eine Galerie mit Ausblicken. Und es gab von Anfang an den Gedanken, dass dort repräsentative Kunst zu sehen sein soll. Es gab sogar ein Postamt, Weinstube, Kegelbahn, Jugendclub, Sprachkabinette und einen Souvenirshop. Und schließlich, und das war mein Lieblingsstück: ein Theater, das "Theater im Palast".

Städtebaulich war die Hürde für den Palast hoch in Nachbarschaft zum Berliner Dom, der Museumsinsel und dem Staatsratsgebäude: Verfechter der historischen Mitte monierten das Monströse. Wie sehen Sie das?

Der Entwurf zielte auf eine moderne, zeitgemäße Gestaltung unter Respektierung der vorhandenen Bauten. Der erhabene Kuppelbau des Berliner Domes, die Säulenhalle des Schinkelschen Alten Museums, aber auch Marstall und Staatsratsgebäude bestimmten den Raum, in den sich der Palast mit bewusst begrenzter Höhe parallel zur Spree als ein neuer Teil des Ensembles einfügte. Monströs ist eher das stadtraumbeherrschende Schloss-Imitat, dessen Kuppel nun dem Dom die Dominanz nimmt.

Zwischen 2006 und 2008 kam dann die Demontage: Am Ende fand nach der der Wende jeder das Bauwerk hässlich. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Das war sehr betrüblich. Keineswegs fand jeder das Bauwerk hässlich - die Schlossbefürworter aber schon. Der Abriss war ja schon 1990 beschlossen, das wissen viele nicht. Die übliche Methode der Entsorgung baulicher Zeugnisse der ungeliebten Gesellschaft wurde auch hier angewendet: Erst Leerstand erzeugen, dann vergammeln lassen. Selbst bei der Galerie M in Berlin Marzahn ist das so gemacht worden. Dieser Prozess ging über Jahrzehnte, bis auch der letzte Ossi sagte: Also schön ist es nun nicht mehr!

Die äußere Hülle wurde abgenommen, sie bestand aus schädlichem Asbest, der ursprünglich aus dem Westen kam. Hermann Kant sagte dazu, es werde immer noch unterschieden zwischen "Asbost oder Aswest"

Sehr gutes Zitat!

Mittlerweile gibt es eine Unmenge von Publikationen zum Palast der Republik: Bücher, Presseartikel, Kunststreitschriften, Ausstellungskataloge und Fotodokumentationen. Die letzte wurde 2019 vom Humboldt-Forum herausgegeben und behandelt den Umgang mit dem "geretteten" Interieur. Ist das eine Gewissensbereinigung?

Und es passiert, um dem Ossi noch ein bisschen Freude zu machen. Die trophäenartige Vorführung von Artefakten, um vom Verlust des Hauses abzulenken, ist eher peinlich. Am schlimmsten ist es mit der "Gläsernen Blume", die in Spandau lagert. Die ist ja nun kaputt. Man wollte eine Replik machen im kleineren Maßstab, die dann im Pseudoschloss steht. Aber die Blume ist nicht der Palast. Eine gefälschte Blume in einem gefälschten Schloss: Ist das nun eine doppelte Negation oder einfach nur lächerlich?

War der Abriss ein Fehler?

Es war eindeutig ein Fehler. Das Museum "Humboldt-Forum" ersetzt nicht die an diesem Ort ehemals erfolgreiche Nutzungsvielfalt. Übrigens hatte ich im Jahre 2001 der Schlossplatzkommission einen Entwurf vorgelegt, der den Palast erhalten hätte und mit einem davor errichteten Museums- und Ausstellungsbau sowie einem Turm für Schloss und Schlüter in ein völlig neues städtebauliches Ensemble eingebunden hätte. Damit wäre der damalige Demonstrationsplatz ausgefüllt worden und hätte einen neuen Stadtraum vis-a-vis des Lustgartens erzeugt. Als Inhalt hätte da auch das Humboldt-Forum großzügig und angemessen Raum finden können, ohne es in die nun teuer nachgebaute Hülle zwängen zu müssen. Aber das Ziel der Kommission unter der Leitung von Hannes Swoboda war ein anderes.

Mit dem Wissen, dass Abriss und Entsorgung des Palastes 119 Millionen Euro und der Nachbau des Stadtschlosses über 682 Millionen gekostet haben sowie mit dem Blick zurück auf Erfahrungen aus 31 Jahren Deutscher Einheit: Welche Chance hätte der Palast im Jahr 2021?

Die Kosten dürften nach meiner Erfahrung höher liegen. Erst die Gesamtkosten ergeben das wahre Bild! Aber darauf kommt es hier offensichtlich nicht an. Gesamtbetrachtungen werden vermieden. Und dazu kommt doppelte Umweltbelastung durch Abriss und Neubau. Ich setze mich schon immer für Nachhaltigkeit und die Nutzung vorhandener Substanz ein, so unter anderem bei meinen Projekten in Sachsen. Da habe ich Sechs- zu Dreigeschossern umgebaut, statt sie abzureißen oder die vergegenständlichte Energie zu vernichten. Der Palast wäre, hätte man ihn nicht mit hohem Aufwand zerstört, ein weiteres attraktives Kongress- und Kulturzentrum in der Mitte der deutschen Hauptstadt gewesen. Und angesichts zunehmender Wertschätzung der Ostmoderne wäre heute die Abrissdiskussion möglicherweise etwas anders verlaufen.

Inuta

Der Architekt und seine Haus
Wolf-Rüdiger Eisentraut wurde am 1. Dezember 1943 in Chemnitz geboren. Nach der Schule absolvierte er Abitur und Maurerlehre in Plauen, danach studierte er an der Technischen Universität Dresden Architektur.
Von 1973 bis 1976 arbeitete Eisentraut am Palast der Republik, danach entwarf er Wohngebietszentren, Gaststätten und Kaufhäuser.
In Berlin schuf Eisentraut zudem das Ende der 80er-Jahre eingeweihte "Freizeitforum Marzahn". Nach der Wende eröffnete der Architekt als Wolf R. Eisentraut ein bundesweit tätiges Architekturbüro mit Filialen in Berlin, Dresden und Plauen. In der Vogtlandmetropole setzte er erstmals einen Umbau von DDR-Neubaublocks um.

Der Palast der Republik wurde auf dem Gelände des ehemaligen Berliner Stadtschlosses auf der Spreeinsel errichtet. Die offiziellen Baukosten des aufwendigen Hauses betrugen 485 Millionen Mark - Experten schätzen, dass bis zu einer Milliarde Mark nötig waren. Der Bau zog in der DDR als "Palazzo Prozzo" oder "Erichs Lampenladen 44 einerseits den Unmut der Bevölkerung auf sich - als Symbol dafür, dass Berlin als Hauptstadt bevorzugt versorgt wurde. Andererseits war er aber wegen seines internationalen Flairs und vieler hochklassiger Kulturangebote sehr beliebt: Viele West-Künstler traten dort auf, etwa Katja Ebstein, Harry Belafonte, Helen Schneider oder Udo Lindenberg.

Nach der Wende wurde der Palast geschlossen, weil sein Stahlgerüst mit 5000 Tonnen Spritzasbest feuerfest gemacht worden war. Bis 2003 wurde dieser entfernt - danach riss man das Gebäude auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages ab. tim/nuta


Quelle: FP vom 22.04.2021


© infos-sachsen / letzte Änderung: - 22.01.2023 - 11:08